Bis zum 22. Oktober 2023 konnte Feedback zu den geplanten „Rechtsvorschriften für Pflanzen, die mithilfe bestimmter neuer genomischer Verfahren gewonnen werden“ an die EU-Kommission übermittelt werden. Das Lampert Unternehmen hat diese Chance genutzt.
Geschätzte Damen und Herren der EU-Kommission,
als Beratungsunternehmen für nachhaltige Bio-Lebensmittel sehen wir die Deregulierung von Neuer Gentechnik sehr problematisch.
Es ist richtig, dass NGT-Pflanzen aus wissenschaftlicher Sicht Sinn ergeben, und wenn arteigene Gene transferiert wurden, kein größeres Risiko darstellen, als andere Züchtungen.
Wir lehnen die Deregulierung dennoch dezidiert ab, weil sie aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht für die EU kontraproduktiv ist.
Missbrauch von Marktmacht durch Oligopol
Große Saatgut- und Agrarchemieunternehmen haben bereits Patente auf Anwendungen sogenannter ‚Gen-Scheren‘. Das erschwert kleineren Züchter*innen neue Pflanzen mittels NGT zu entwickeln, weil sie auf die Anwendungen großer Unternehmen angewiesen sind. Die Gefahr des Missbrauchs der Marktmacht durch die Oligopolstellung der Saatgut- und Agrarchemieunternehmen nimmt durch NGT noch mehr zu.
Das ist besonders in Krisenzeiten dramatisch. Den unsteten Wetterverhältnissen, ausgelöst durch den Klimawandel, begegnet man am besten mit standortangepasstem Saatgut. Die Oligopolstellung gefährdet aber massiv genau die Vielfalt dieses Saatguts und damit die Ernährungssouveränität von Ländern und Regionen.
Symptombekämpfung statt Problemlösung
Die Einschätzung des Weltbiodiversitätsrates IPBES ist, dass der Eingriff des Menschen in die Pflanzenzüchtung, die Evolution sowohl bei den Kulturpflanzen als auch den Schadorganismen und Beikräutern beschleunigt. Das heißt, dass die Schadorganismen sich sehr schnell an die Resistenzen von Pflanzen anpassen und sie umgehen.
Ertragreiche Pflanzen durch NGT zu züchten löst kurzfristig Probleme, aber nicht langfristig! Laut dem Weltklimarat ist der Schlüssel zur Anpassung an den Klimawandel die größtmögliche Vielfalt auf Feldern und Wäldern. Die Zukunft der Land- und Forstwirtschaft liegt in schonenden landwirtschaftlichen Methoden und Praktiken, nicht in der Züchtung einzelner Pflanzen.
Bauen wir Humus auf, damit die Böden mehr Wasser speichern. Hören wir auf, Regenwälder und Natur Soja-Monokulturen zu opfern, um unsere Nutztiere zu mästen. Etablieren wir neue Anbautechniken (z.B. Agroforst) und Bewässerungssysteme, um den Wasserhaushalt auf den Feldern zu verbessern und Wasser effizienter zu nutzen. Stecken wir Gelder in die Erforschung solcher Techniken, statt in kurzfristige Lösungen durch NGT-Pflanzen.
Wahlfreiheit für Kund*innen leidet
Laut Umfragen wollen viele Kund*innen keine Lebensmittel, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten. Sie stufen auch CRISPR Cas oder TALEN als Gentechnik ein. Da dafür nur beim Saatgut Kennzeichnungspflicht besteht, haben Kund*innen zukünftig keine Wahlfreiheit mehr. Die Transparenz für Kund*innen leidet noch mehr.
Wir fordern daher auch Transparenz, dass schon jetzt der Großteil des Saatguts von wenigen Konzernen stammt. Zusätzlich gehört die Mutagenese durch Chemikalien oder ionisierende Strahlen reguliert, die eine invasivere Technik als NGT darstellen kann.
Ziele aus dem Green Deal werden erschwert
Bis 2030 soll 25 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen biologisch bewirtschaftet sein. NGT ist aber rein eine Technik für konventionelle Landwirtschaft. Bio-Landwirte hingegen müssen sicherstellen, dass ihre Felder frei von NGT sind, was zusätzliche Aufwände und Kosten verursacht, unfairer Weise bei den Bio-Betrieben statt den konventionellen.
Wir brauchen statt NGT-Pflanzen dringend eine nachhaltige Transformation der Landwirtschaft, um die Biodiversitäts-, Klimaziele und eine gute Lebensmittelversorgung zu erreichen.
Geschätzte EU-Kommission, Sie haben die Verantwortung, Machtmissbrauch durch Konzerne zu unterbinden und Wettbewerb nicht zu verzerren. Sie haben außerdem die Verantwortung, allen EU-Bürgerinnen und Bürgern eine lebenswerte Zukunft zu sichern.
Mit dem Green Deal haben Sie sich die richtigen Ziele gesteckt, torpedieren Sie diese nicht durch die Deregulierung der NGT-Pflanzen.
Geben Sie Landwirtinnen und Landwirten stattdessen die Verantwortung zur Saatgutvermehrung zurück. Befähigen Sie sie mit Fördermitteln dazu, das Handwerk wieder zu erlernen. Wenn die Wahl der Pflanzensorte vor Ort und nicht in einzelnen globalen Unternehmen passiert, wenn ein bäuerliches Saatgutsystem mit einem großen Genpool besteht, haben wir ein wirksames Mittel gegen die Klima- und Biodiversitätskrise. Legen Sie die Verantwortung der europäischen Nahrungsmittelversorgung nicht in die Hände von einzelnen Unternehmen.
Regulieren Sie weiterhin die Neue Gentechnik und bewahren Sie damit die Ernährungssouveränität Europas.
Hochachtungsvoll, das Unternehmen Lampert