Netzwerke des
Lebens

Kopf aus dem ein Baum wächst

Noch nie war die Notwendigkeit größer, zerstörte Ökosysteme wieder zu beleben. Das ist unser Moment!

Fast poetisch lesen sich die ersten Worte auf der Website von niemand geringerem als den Vereinten Nationen, die den Ernst der Lage erahnen lassen und gleichzeitig ein aufregendes Kribbeln auslösen.

Ist der Moment gekommen, in dem wir uns einer der größten Krisen unserer Zeit tatsächlich stellen? Dem Verlust der Biodiversität?

Es scheint so. Das UN Environment Programme hat für 2021-2030 die UN-Dekade zur Restaurierung von Ökosystemen ausgerufen. Immer mehr Länder gestehen Ökosystemen Rechte zu ihrem eigenen Schutz zu. Außerdem hat das EU-Parlament im Juli 2023 die Restaurierung zerstörter Ökosysteme beschlossen.

In diesem Schwerpunkt erkunden wir Orte, an denen Biodiversität die Chance erhält, die sie braucht. Die Akteur*innen: Zwei Biologinnen, eine Anwältin, das Naturvolk der Kogi… und die Natur selbst, mit ihren höchst ausgeklügelten Methoden, das Leben zu erhalten.

Im letzten Urwald

Im streng geschützten Rothwald inmitten des niederösterreichischen Wildnisgebiets Dürrenstein-Lassingtal lässt das Schutzgebiet-Team die Beziehungen spielen. Nicht ihre, sondern die der Natur: Urwälder wie der Rothwald lehren uns, wie sich durch genügend Zeit und ungestörte Ruhe die notwendigen Symbiosen zwischen den Arten entwickeln, die ein starkes Ökosystem bilden. Für den Erhalt der Artenvielfalt ist es notwendig, dass große Gebiete wieder völlig der Tier- und Pflanzenwelt überlassen werden. Ganze 33 Prozent aller Ökosysteme weltweit wären nötig, sagt Wildbiologin Nina Schönemann und weiht uns in die Geheimnisse des letzten intakten Urwalds des Alpenraums ein. Ungenutzter Urwald tut oft mehr für uns als forstlich genutzter Wald. Mehr dazu hier.

In der Samenbank

… genauer gesagt, Samen-Genbank. Keine 100 Kilometer von den Tiefen des Urwalds entfernt führt uns in Linz Biologin Sylvia Vogl durch Österreichs größte Samen-Genbank. Die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) sammelt dort seit Jahrzehnten Samen heimischer Kulturpflanzen und erhält sie. Die meisten Länder der Welt haben sich dazu verpflichtet, die Vielfalt an heimischen Pflanzen zu bewahren. Die Formen- und Farbenvielfalt der Pflanzensamen sind nicht enden wollend. Das Wertvollste sind jedoch die genetischen Eigenschaften, die für die Züchtung robuster und klimafitter Ackerpflanzen immer wieder zum Einsatz kommen. Hier geht’s zur Podcast-Folge.

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Samen der Ackerbohne

Im Gerichtssaal?

In den Salas de Justicia des südamerikanischen Staates Ecuador treffen vor Gericht immer öfter zwei neue Gegner*innen aufeinander: Der Mensch einerseits, der die natürlichen Ressourcen für sein Überleben braucht. Die Natur und Ökosysteme andererseits, die schon so belastet sind, dass sie nicht mehr können. Ecuador ist damit nicht allein.

Immer mehr Länder verankern Grundrechte für die Natur in der Verfassung: ein Recht auf Existenz, auf Erholung und ein Recht darauf, wiederhergestellt zu werden – „Letztlich sein zu dürfen“ fasst Rechtsanwältin Michaela Krömer zusammen. Sie beschäftigt sich mit der Bekämpfung der ökologischen Krisen in Gerichtsverfahren. Die Natur verteidigt sich gegen ihre Zerstörung mit eigenen Rechten: Funktioniert das denn? Die Anwältin wirft für uns einen realistischen Blick auf die Möglichkeiten in unserem Rechtssystem. Es braucht vor allem vernetztes Denken, das die Biodiversitätskrise in allen Gesetzen mitbedenkt. Ein neues Puzzlestück dabei: das Nature Restoration Law, das 2023 vom EU-Parlament beschlossen wurde – die gesetzliche Basis, mit der die 80 Prozent unserer Naturlebensräume, welche stark geschädigt sind, wiederhergestellt werden sollen. Hier geht’s zur Podcast-Folge.

In lebendigen Netzwerken

Derzeit leben etwa 55 Prozent der Weltbevölkerung in Städten, 2050 sollen es bereits zwei Drittel aller Menschen sein. Bei einem Spaziergang durch den Wiener Augarten lernen wir, wie Ballungszentren zu grünen Oasen für Insekten, Pflanzen, Tiere und auch menschlichen Stadtbevölkerung werden können. Was es dazu braucht: ein Infrastruktur-Netz für die Artenvielfalt, das die großen und kleinen Natur-Ballungsräume am ganzen Globus miteinander vernetzt. Ob dafür klassische Infrastruktur wie Verkehrswege und Nahversorgung ausgebaut werden müssen, erfährst du hier.

Und müssen wir vielleicht selbst Teil dieser Infrastruktur sein? Wie würden sich unsere Handlungsweisen verändern, wenn wir die Erde als großes Lebewesen wahrnehmen würden, in dem wir Menschen unerlässlich sind? Redakteurin Isabell Riedl nimmt dich mit auf eine kleine Gedankenreise. Mehr dazu hier.

Dieser Schwerpunkt zeigt, dass es verschiedene Herangehensweisen gibt, um der Biodiversitätskrise zu begegnen. Wir brauchen jeden einzelnen, denn wir haben durch die Übernutzung die Belastungsgrenzen unserer Biosphäre – dem Bereich der Erde, in dem Leben vorkommt – mittlerweile längst überschritten (Mehr dazu: Planetare Grenzen). Das Artensterben bedroht längst die Zivilisation unserer Art – dem Homo sapiens. Doch zu spät ist es nicht. Das ist unser Moment!


Johanna Lehner
Johanna Lehner

Johanna Lehner, BSc, ist Teil des Redaktionsteams von „Nachhaltigkeit. Neu denken.“ und seit 2020 Podcasterin beim Wissenschaftspodcast 5MinutenClimateChance.

Zum Weiterlesen und -schauen:

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