BEVOR DU WEITERLIEST: Es könnte sein, dass sich durch die folgenden Beiträge dein Gehirn verändert. Positiv, natürlich! Du möchtest wissen warum? Dann lies einfach weiter.
In unserem neuen Schwerpunkt fragen wir uns, was Vorstellungskraft mit einer nachhaltigen Zukunft verbindet. Wir sprechen mit Visionär*innen, begeben uns auf tollkühne Reisen durch mögliche Zukünfte und erkunden, wie unsere Vorstellungskraft noch lebendiger werden kann.
Unsere Vorstellungskraft ist für weit mehr verantwortlich, als uns bewusst ist. Ständig greift sie uns im Alltag unter die Arme, füllt ganz automatisch Lücken in unserer Wahrnehmung und hilft uns dabei, uns zu orientieren. (Mehr wissenswerte Hintergründe zum Thema Vorstellungskraft lesen Sie hier im Faktencheck).
Was wäre, wenn jetzt auch noch unsere Zukunft von ihr abhinge? Viel zu oft nutzen wir unser Vorstellungsvermögen (je nach Persönlichkeit unterschiedlich intensiv) dazu, uns die erschütternden Folgen eines Klima-Kollapses auszumalen. Vermutlich nutzen wir sie wesentlich seltener, um uns das Gegenteil vorzustellen: die Welt, in der wir gerne leben würden, in der wir die Klimakrise meistern und Dinge zum Positiven verändern.
Stell Dir vor…
Wo treibt es uns hin, wenn uns solche Vorstellungen Rückenwind geben? Diese Frage hat sich Rob Hopkins, Gründer der weltweiten Transition Town Bewegung, schon oft gestellt. Unter anderem in seinem neuen Buch „Stell Dir vor…“. Allerdings müssen wir zuerst die aktuelle Vorstellungs-Flaute überwinden. Schließlich nimmt unser Vorstellungsvermögen und kreatives Denken seit den 90er Jahren ab. Wir werden seither zwar paradoxerweise etwas schlauer (unser IQ steigt leicht), dabei aber fantasieloser [1].
Gründe für diese Entwicklung sieht Hopkins in der Fülle digitaler Ablenkungen, in unserem Bildungssystem, unserer Medienkultur, aber auch in unserer mangelnden Verbindung zur Natur. So verbringen Kinder in Großbritannien täglich weniger Zeit im Freien als Gefängnisinsassen in den USA. Solche Fehlentwicklungen will Hopkins umkehren. Im Interview nimmt er uns mit auf imaginative Höhenflüge und erzählt uns, wie Vorstellungskraft reanimiert werden kann.
Zeit für Realutopien
Über einen Punkt sind sich wohl alle Personen, die Teil unseres Magazin-Schwerpunkts sind, einig: wir brauchen bessere Geschichten von einer besseren Zukunft – als Gegenentwurf zur Visionslosigkeit unserer Zeit. Lino Zeddies macht mit seinem Roman „Utopia 2048“ vor, wie das aussehen könnte [2]. Die Hauptzutat seiner Geschichte: eine schmackhafte Zukunft, die real greifbar ist und ohne Weltuntergangsszenarien auskommt.
Zeddies hat viel von dem, was Zukunft ausmachen könnte, in zarten Ansätzen schon selbst erlebt. Er fügt diese Puzzlesteine in seiner Geschichte zu einem großen Ganzen zusammen: einer Realutopie. Seine beiden Hauptfiguren wachen nach 30 Jahren selbstgewähltem Komaschlaf im Jahr 2048 wieder auf. Gemeinsam mit ihnen radelt man im Buch auf Rad-Highways durch ein ergrüntes Berlin, reist im Zeppelin nach Schweden und verbringt mit einer guten Freundin virtuell einen Tag im Zoo von Singapur.
Im Interview spricht Lino Zeddies mit uns nicht nur über die Hintergründe zu seinem Roman, sondern auch über die nächsten Schritte, die in Richtung dieser Zukunft führen.
Ach, wenn doch alles so bleiben könnte…
Wir wären ja schon längst dort, in einer besseren Zukunft, wenn uns Veränderungen leichter fielen. Und unsere Komfortzone nicht so gemütlich für uns wäre. Natürlich wollen wir aber auch weder Klima-Kollaps noch Artensterben. Eingehüllt in diffuse Ängste vor Veränderung und Verlust, verlässt uns oft die Vorstellungskraft. Uns fehlt der Anreiz – die Belohnung.
Katharina Rogenhofer, das junge Gesicht der österreichischen Klimabewegung, versteht es, gute Geschichten rund um diese Belohnung zu erzählen. Zum Beispiel im Buch: „Ändert sich nichts, ändert sich alles“ [3]. Sie zeigt auf, was uns winkt, wenn wir jetzt beherzt für unsere Zukunft einstehen. Ihre Spezialität: persönliche Geschichten mit Klima-Informationen authentisch und emotional berührend zu verweben.
Im Gespräch erzählt sie uns, auf welche Glücksmomente sie nach 3 Jahren Vollzeit-Klima-Aktivismus zurückblickt, wie man visionslose Politiker*innen knackt und worauf sie sich in einer klimagerechten Welt besonders freut.
Steinzeit voraus?
Apropos: visionslose Politik. Führt uns Nachhaltigkeit wirklich zurück in die Steinzeit? Natürlich nicht. Dieser prominenten Zukunftsangst begegnen wir mit diesem Beitrag und machen uns den Spaß, Facetten der Steinzeit freizulegen, die tatsächlich zeitgemäß und revival-tauglich sind.
Zukunft auf einen Blick
Die „Zukunftstapete“ macht sichtbar, was sich viele schwer vorstellen können (siehe Beitrag dazu). Die Schnipsel der Tapete wurden in Gesprächen mit Klimaheld*innen und Wissenschaftler*innen gesammelt. Gefragt wurden Menschen, die konkrete Vorstellungen davon haben, was zukunftsfähig ist und was nicht. Die Bilder und Geschichten, die daraus entstanden sind, machen Lust auf mehr (siehe Beitrag). Her mit dieser Zukunft!
Fantasie-Workout
Du hättest gerne andere Bilder von Zukunft im Kopf? Kein Problem, die Zukunft steht Dir schließlich offen. Sofern du dein Vorstellungsvermögen entsprechend trainiert halten.
Deshalb stellen wir Dir abschließend in diesem Beitrag ein einfaches Workout vor, das dabei hilft, sich die eigene Welt ‚lebenswerter‘ zu denken. Es braucht nur wenige Minuten und etwas Fantasie, um loszulegen. Trainieren können kannst du überall: in der Warteschlange vor Supermarkt-Kassen, beim Spazieren mit dem Vierbeiner, auf Bahnhöfen, in Wartezimmern, etc.
Unsere Vorstellungskraft ist ein wertvoller Schatz, den wir immer dabei haben. Trainieren wir diese Kraft im vollen Bewusstsein, entfesseln wir ihre Magie. Womöglich holt uns dabei irgendwann die Wirklichkeit ein.
„Pass auf, was Du Dir wünschst. Es könnte in Erfüllung gehen.“
(Lebensweisheit)
[1] Kim, Kyung Hee (2011): The Creativity Crisis: The Decrease in Creative Thinking Scores on the Torrance Tests of Creative Thinking, Creativity Research Journal, 23(4), 285–295.
[2] Rob Hopkins (2021). Stell Dir vor… Löwenzahn Verlag.
[3] Lino Zeddies (2021). Utopia 2048.
[4] Katharina Rogenhofer (2021): Ändert sich nichts, ändert sich alles. Zsolnay-Verlag