Wertschätzung ist die wichtigste Währung

Mehrere junge Menschen arbeiten in Garten mit Gemüse und Pflanzen
©Patrick Frich, Urban Agriculture Netz Basel

Ob Lebensmittel, Blumen oder Nutzpflanzen: Das Urban Agriculture Netz Basel (UANB) sorgt für blühendes Grün in der rund 170.000 Einwohner Stadt in der Schweiz. Das Netzwerk bündelt zirka 60 Projekte, die alle der lokalen, sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit verpflichtet sind. Das Ziel? Der Erhalt von Natur, Biodiversität und Menschen.

Mitgründer und Vize-Präsident Bastiaan Frich im Interview über engagierte Mitglieder, lebende Ökosysteme und den inneren Wandel.

Vom Foodsharing bis zum gemeinsamen Gärtnern: Die Projekte des Urban Agriculture Netz Basel sind breitgefächert. Gibt es denn Themen, die Ihnen besonders am Herzen liegen?

Bastiaan Frich: Wir sehen uns als Nährboden, der verschiedenste Nachhaltigkeitsprojekte zum Wachsen bringt. Von der Kultivierung der Pflanzen über deren Verteilung, Veredelung und den gemeinsamen Genuss bis hin zum Recycling, umfassen diese eine sehr breite Palette. Da gibt es keine Bereiche, die wichtiger oder wertvoller sind als andere. Wenn wir aber spüren, dass ein bestimmtes Thema zu großer Resonanz führt, behandeln wir es phasenweise stärker.


Seit 2010 ist das Netzwerk schnell gewachsen – in den ersten vier Jahren entstanden 40 Projekte, jetzt sind es rund 60. Gab es besondere Herausforderungen bei der Gründung?

Frich: Rückblickend war wohl die Zusammenarbeit mit den Behörden unsere größte Herausforderung. Non-Profit-Organisationen werden oftmals belächelt, keiner will wirklich etwas mit ihnen zu tun haben. Dementsprechend war die Kooperation nicht so einfach, wie wir uns das zuerst gedacht hatten. Doch abgesehen von den bürokratischen Hürden haben wir das Netzwerk schnell auf die Beine gestellt. Wir waren von Anfang an ein sehr engagiertes Team und hatten viel Spaß.


Nun ist das Urban Agriculture Netz Basel mehrfach gekrönter, internationaler Preisträger. Was würden Sie jemandem raten, der solch ein Netzwerk gründen möchte?

Frich: Wichtig ist meiner Meinung nach eine nachhaltige und integrale Organisationsstruktur. Diese können Sie sich wie ein lebendes Ökosystem vorstellen. Wir setzen auf eine dynamische, natürliche Hierarchie. Alle sind auf Augenhöhe und jeder kann eine leitende Funktion in diesem Netz übernehmen – vom Schüler bis zum Professor, je nach Wissen und Begeisterung.


Und wie schaffen Sie es, die Motivation aller Beteiligten aufrecht zu halten?

Frich: Das ist tatsächlich ein wichtiger Punkt. In einer Organisation, die vor allem durch ehrenamtliche Arbeit funktioniert, spielt die Wertschätzung eine riesige Rolle. Sie ist unser wichtigstes Währungsmittel. Denn sonst hat irgendwann keiner mehr Lust sich zu engagieren. Dem voraus geht jedoch der innere Wandel. Nur dann ist ein äußerer Wandel möglich. Friedensarbeit beginnt in jedem selbst.


Heute hat das Netzwerk rund 1.200 Mitglieder und ist über die Landesgrenzen hinweg bekannt. Denken Sie, dass Basel besonders nahrhaften Boden für nachhaltige Projekte bietet?

Lampert: Das Urban Agriculture Netz Basel bildet einen großen Kontrast zur Region Basel selbst: Sie hat die höchste Kaufkraft der Welt und ist gut bestückt mit transnationalen Großkonzernen. Unternehmen wie Roche, Novartis und Bell haben hier ihren Hauptsitz. In den Achtzigern und Neunzigern gab es einige Umweltkatastrophen. Deshalb erzeugen Ökobewegungen bei der Bevölkerung eine große Resonanz. Die Macht der Konzerne stellt uns aber auch vor Herausforderungen: Verhandlungen gehen oftmals zu ihren Gunsten aus – denn sie haben das Kapital in der Hand.


Wie gelingt es Ihnen trotzdem, gerade hier erfolgreich zu sein?

Frich: Letzten Endes denke ich, dass viel an unserem verdammt guten Team liegt. Ob das Urban Agriculture Netz Basel auch anderswo so erfolgreich wäre, lässt sich deshalb schwer beantworten. Hier sind wir jedoch auf einem guten Weg und haben noch tausende Ideen. Es ist kein Ende in Sicht.


Sie schmieden also schon fleißig Zukunftspläne?

Frich: So weitermachen, wie gehabt, ist keine Option, denn das Leben ist nie im Stillstand. Was das für die Praxis bedeutet? Im nächsten Schritt überarbeiten und koordinieren wir unser Bildungsangebot. Denn es gibt sehr viele Anfragen von Schulen – für die wir bis jetzt immer nur Ad-hoc-Lösungen hatten. Außerdem arbeiten wir an einem wichtigen Meilenstein: Die Entwicklung einer Food Policy für die Region. Das wird viel Zeit beanspruchen. Und neue Projekte lassen nie lange auf sich warten.

Junger Mann mit langem schwarzen Haar zu Knödel am Kopf zusammengebunden und Bart steht in grauem Pulli und violetter Hose in Garten
©Noelle Guideon | SRF Virus

Über Bastiaan Frich

Bastiaan Frich ist Mitgründer und Vize-Präsident des Urban Agriculture Netzes Basel. Er studierte Gewaltfreie Kommunikation, Permakultur und Biologie. Als Vordenker und Pionier initiierte er bereits zahlreiche nationale und internationale Nachhaltigkeitsprojekte.

Quelle: Interview mit Bastiaan Frich am 21. August.
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