Wie das Gespräch mit Konsumenten alles veränderte

Blick auf eine Weide mit zwei braun weiß gefleckten Kühen

Was passiert, wenn man Verbraucher fragt, ob sie gentechnisch veränderte Futtermittel wollen, ob sie wollen, dass die Tiere mit Antibiotika behandelt werden oder der Bauer für seine Arbeit fair bezahlt wird? Gleich vorweg: Etwas Erstaunliches!

Portrait eines Mannes mittleren Alters mit etwas längerem schwarzen Haar und Brille und leicht unrasiert
Nicolas Chabanne, Gründer der Marke „C’est qui le patron?!

Vor 2 Jahren gebar der Franzose Nicolas Chabanne, Gründer der gegen Lebensmittelverschwendung kämpfenden Initiative « Gueules Cassées » (frei übersetzt: zerbrochene Mäuler), die Idee eine „Marke für Konsumenten“ zu entwickeln. Zum ersten Mal sollten Verbraucher gefragt werden, wie viel sie für ein Produkt zahlen wollen, bevor sie es kaufen.

Nicolas Chabanne wählte als erstes Produkt Trinkmilch aus, da Frankreichs Bauern seit 2015 in einer tiefen Milchkrise steckten. Die Krise entstand durch einen Zuwachs der Milchmenge im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Wegfall der Milchquote innerhalb der EU und der Liberalisierung der Märkte. Da die Nachfrage nicht gleichermaßen anstieg, fiel der Milchpreis ins Bodenlose.

Was ist 1 Liter Milch wert?

Der Ansatz von Nicolas Chabanne war ein anderer. Aufbauend auf einen Liter-Grundpreis konnten die Konsumenten mittels einer Umfrage selbstbestimmen, ob dieser Preis und die Art der Herstellung für sie in Ordnung sind oder ob sie mehr wollen.

Der Ausgang der Umfrage war überraschend. Die Konsumenten waren sofort bereit 9 Cent mehr zu zahlen, sodass die Bauern nicht nur fair bezahlt würden, sondern auch die Möglichkeit erhielten in Urlaub zu gehen. Vor die Wahl gestellt, wollten die Konsumenten also, dass der Bauer auch Freizeit genießen darf.

Einen Cent zahlen die Konsumenten umgehend mehr, damit die Milch aus Frankreich stammt, und sogar 6 Cent dafür, dass die Kühe 6 Monate auf die Weide dürfen. 7 Cent Aufpreis ist ihnen eine artgemäße und gentechnikfreie Fütterung der Kühe wert.

C’est qui le patron?!

Nun drängt sich die Frage auf: Funktionierte die Idee?

Blauer Tetrapak mit weißer Schrift auf französisch im Stroh liegend
© C’est qui le patron?!

2016 startete die Milch unter der neu gegründeten Marke „C’est qui le patron?!“ (Wer ist hier der Chef?) in den ersten Geschäften. Der Erfolg überraschte alle. Die abpackende Molkerei musste sogar am Wochenende arbeiten und neue Mitarbeiter einstellen um der Nachfrage gerecht zu werden.

Die liefernden Bauernhöfe ließen die Milchkrise hinter sich. „Es ist eine Revolution!“ sagt dazu der französische Bauer Martial Darbon. Endlich konnten sie von ihrer Arbeit wieder leben und sogar in die Zukunft des Hofes investieren. Mittlerweile liefern 120 Milchbetriebe in das Projekt.

Von uns Verbrauchern gemacht

Grüner Tetrapak mit weißer Schrift in französisch
Apfelsaft

Weitere Produkte reihten sich neben der Milch ein. 10.000 Filialen verschiedener Supermärkte werden mit den ca. 20 Produkten, wie Apfelsaft, Pizza und jetzt auch Bio-Butter versorgt. 15 Cent pro Butterpackung gehen an Milchbauern, die auf biologische Landwirtschaft umsteigen wollen um die Umstellung zu finanzieren.

2 Packungen Butter in grün und weinrot mit französischer Aufschrift
Bio-Butter

Der Erfolg stellte sich ganz ohne Werbung ein, nur soziale Medien und Mundpropaganda verbreiteten die Nachricht der Marke, die „von uns Verbrauchern gemacht“ wurde.

Dass der Konsument die Macht hat, wird immer wieder betont, doch „C’est qui le patron?!“ hat es geschafft, den Konsumenten aufzuzeigen, wofür sie bezahlen, und plötzlich waren sie bereit zu investieren. Plötzlich kam bei den Konsumenten das Gefühl an, dass sie aktiv im Supermarkt etwas verändern können.

Zurück zum Ursprung

Werner Lampert, österreichischer Biopionier

Die Einbindung der Konsumenten war auch stets der Ansatz von Biopionier Werner Lampert. Vor 11 Jahren startete er mit der Marke Zurück zum Ursprung in den HOFER Märkten, die auf 8 Grundwerten basiert. Dazu zählen beispielsweise Transparenz, Genussqualität, Tierwohl und Fairness gegenüber Bauern. Die Zurück zum Ursprung Bio-Produkte sind bis zum Urproduzenten rückverfolgbar. Ziel ist die Bauern aus ihrer Anonymität zu holen um den Konsumenten bewusst zu machen, dass hinter einem Produkt konkrete Menschen stehen.

Begonnen hat das Projekt Zurück zum Ursprung mit einigen Milchprodukten aus der steirischen Region Murau. Und von Beginn an, hat sich an den Ansätzen nichts geändert. Nur hochwertige Heumilch aus Bergregionen wird für die Zurück zum Ursprung Trinkmilch eingesetzt. Heumilch überzeugt durch ihren ursprünglichen und unverfälschten Geschmack und besseren Nährwerte als Silagemilch.

Neben der Genussqualität lag Werner Lampert aber vor allem die Erhaltung der Bergregionen und kleinstrukturierten Betriebe am Herzen. Daher gab es von Anfang an langfristige Verträge mit den Bauern und einen vertraglich gesicherten Projektzuschlag, der mehr als ein Drittel des Auszahlungspreises an die Bauern ausmacht. Dieser Zuschlag wurde auch während der europaweiten Milchkrisen nicht angetastet.

Sie haben die Macht

Diese zwei Beispiele zeigen deutlich: Führt man Konsumenten und Bauern zusammen, entsteht erstaunlich Gutes.

Denn ja, Sie alle haben die Macht! Sie können entscheiden, wie Ihre Produkte hergestellt werden sollen. Also nehmen Sie Ihre Verantwortung für die Bauern, Umwelt und Tiere wahr und leben Sie Solidarität.

Quellen: C’est qui le patron?! Dokumentation „Re: Mehr Geld für Bauern- Fair statt billig“ auf ARTE 8 Grundwerte von Zurück zum Ursprung
Artikel der Redaktion
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Ein Kommentar

  1. Super…den Zuschlag auf Biomilch braucht man eh nicht antasten, denn der Gesamtmilchpreis geht eh mit dem Basispreis in den Keller und es wird für die Molkerei billiger! …. Wo bleibt der eigene Biomilchpreis?? Also bitte die ganze Wahrheit schreiben nicht nur sich selber loben!!

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