Sind Biene & Co wirklich in Gefahr?

Honigbiene auf kräftig rosafarbener Blüte

Wer schon länger auf diesem Planeten lebt, ist über das Bienen- und Insektensterben nicht verwundert. Selbst wenn man zu beschäftigt ist um die kleinen Tierchen zu beobachten, fällt es doch deutlich auf, dass sie seltener geworden sind. Im Wald ist es still, die Lavendelblüten bleiben unbesucht und die Sichtung eines Tagpfauenauges ist zu einem außergewöhnlichen Ereignis geworden.

Am emotionalsten nehmen wir das Verschwinden der Bienen wahr. Lieben wir sie nicht seit Biene Maja, dann wegen des Honigs beim Frühstück oder in der warmen Milch, die uns Linderung bei Halsschmerzen verschafft.

Grafik zur Produktion durch BienenstöckeRecherchiert man zum Bienensterben, eröffnet sich ein Wirrwarr an Informationen. Niemand weiß so Recht, was die Ursache ist. Die Bayer AG, Hersteller des bienenschädlichen Neonicotinoids Imidacloprid, behauptet sogar in Ihrer Initiative „Bee care“, dass die Bienenpopulationen gar nicht rückläufig sind. Als Argument ziehen sie eine Grafik der FAO heran, die einen weltweiten Anstieg der Produktion von Bienenstöcken in den letzten 16 Jahren zeigt.

Was stimmt also nun? Ist alles nur Panikmache der Ökos, ein ungerechtfertigtes Bashing der Pestizidhersteller?

Zunächst einmal soll die Grafik der FAO geklärt werden. Ja, die Bienenstöcke haben zugenommen. Leider ist das aber nicht gleichzusetzen mit einer Zunahme der Honigbiene, es beweist lediglich, dass die Anzahl der wirtschaftlich genutzten Bienenstöcke zunahm. Zu beachten ist, dass dies nicht von Umwelteinflüssen abhängen muss, sondern mehr von ökonomischen Bedingungen wie dem Honigpreis.

Weiters scheint die Abnahme der Honigbiene kein weltweites Problem zu sein. Offenbar sind die afrikanischen Honigbienen widerstandsfähiger gegen die parasitäre Varroa-Milbe. Die zunehmende Pestizidnutzung und der Ausbau der Landwirtschaft könnte dies jedoch zukünftig ändern.

Ist das Bienensterben dann überhaupt real?

Ja, das Bienensterben ist real, vor allem in den USA und Europa. Hier verlieren Imker jährlich bis zu 50% ihrer Honigbienen Apis mellifera. Aber fast noch dramatischer, als der Verlust an Honigbienen, ist die Bedrohung von Wildbienen und anderen Bestäubern. 52% aller deutschen Bienenarten sind gefährdet oder bereits ausgestorben. Auch Fliegen, Schmetterlinge, Käfer, einige bestäubende Vogelarten und Fledermäuse, sind stark bedroht.

Das genaue Ausmaß des Verschwindens bleibt jedoch recht vage, denn Langzeitstudien gibt es kaum. Insekten haben vor 30 Jahren, bis auf die Krefelder Entomologen, schlichtweg noch niemanden interessiert. Ihre vielzitierte Studie ergab einen 75% Rückgang der Fluginsekten Biomasse in deutschen Schutzgebieten innerhalb der letzten 27 Jahre. Eine US-Studie, die 8 Hummelarten untersuchte, zeigte, dass 4 Arten in den letzten 20 Jahren um 96% seltener geworden sind.

Was ist schuld am Rückgang?

Pestizide

Ursachen für sterbende Bestäuber sind vielfältig. Bei den Honigbienenvölkern sind es Milben, Krankheiten, Unterernährung, und Pestizide. Pestizide finden sich im gesammelten Pollen und somit auch den Waben. Sie nehmen Einfluss auf die Entwicklung, das Verhalten, die Lernleistung, Lebensfähigkeit der Spermien der Drohnen und die Anzahl der Keimzellen und das Körpergewicht der Königinnen.

Als besonders problematisch für alle Insekten wird die neue Generation von Pestiziden erachtet: die persistenten, systematischen und neurotoxischen Neonicotinoide und Fipronil, die Anfang der 1990er eingeführt wurden. Einer der größten Hersteller ist die Bayer AG, die übrigens letztens Monsanto aufgekauft hat.

Neonicotinoide werden nur schlecht von den behandelten Pflanzen aufgenommen, 94% der ausgebrachten Menge wird verblasen und reichert sich im Boden, Wasser, und in anderen Organismen an. Eine niederländische Studie von 2014 zeigt einen starken Rückgang bei insektenfressenden Vogelarten der Agrarlandschaft seit Mitte der 1990er Jahre in Regionen mit besonders hohen Konzentrationen des Neonicotinoids Imidacloprid. Forscher vergleichen die Auswirkungen von Neonicotinoiden sogar mit dem Anfang der 70er Jahre verbotenen DDT.

Verlust an Wildpflanzen

Kleiner Falter auf zartrosa BlütendoldeNeben Pestiziden spielt auch der Verlust an Wildblumen und –kräutern durch die Intensivierung der Landwirtschaft eine große Rolle. Dieser schadet vor allem Wildbienen, da sie auf bestimmte Pflanzengattungen spezialisiert sind. Monokulturen bieten den Insekten kaum Nahrung und Lebensraum. Auch die zunehmende Überdüngung von Feldern und Wiesen führt zu einer Verminderung der Pflanzenarten und haben somit einen negativen Einfluss auf die Insektenpopulationen.

CO2-Gehalt in der Luft

Eine weitere Bedrohung für pollensammelnde Insekten stellt offenbar auch der steigende CO2-Gehalt in der Luft dar. Eine Studie aus den USA wies nach, dass höhere CO2-Werte den Proteingehalt in Pollen verringern. Das könnte Bestäuber zusätzlich schwächen.

Lichtverschmutzung und Verkehr

Ein oft unterschätzter Faktor ist die Lichtverschmutzung, die leider durch die Einführung von energiesparenden Lichtsystemen wie LED zusätzlich ausuferte. Fluginsekten sind vielfach nachtaktiv und werden durch künstliche Lichtquellen gestört und angezogen. So fehlen sie dann in ihren eigentlichen Lebensräumen, bzw. sterben sie durch Erschöpfung oder als leichte Beute. Auch dem Autoverkehr fallen viele Insekten zum Opfer.

Was bedeutet das für uns?

Rund ein Drittel von unserem Obst und Gemüse sollen auf die Honigbienen als Bestäuber angewiesen sein. Einschätzungen sagen, dass ein Drittel unserer Lebensmittel mit der Honigbiene verschwinden würde. Die Tatsache, dass die landwirtschaftliche Produktion in den letzten 50 Jahren um über 300% zunahm, verschärft die Bestäubungsengpässe zusätzlich.

Wie retten wir Biene & Co?

gelbes Logo mit weißen HändenAktionen, wie solche, wo aus einer Supermarktfiliale alle Lebensmittel entfernt wurden, die es ohne Bienen nicht mehr gäbe, bringen recht wenig. Viel wichtiger wäre es Produkte, die in ihrer Produktion Bienen schädigen und gefährden nicht zu verkaufen. Sinnvoller sind biologisch hergestellte Lebensmittel. Eine globale Studie zeigt, dass die Häufigkeit von Bestäubern wie Bienen bei biologischem Anbau im Mittel um 90%, die von Nützlingen um 38% höher als bei konventionellen ist. Besonders streng sind die Vorgaben bei Prüf Nach! Hier sind sogar bienentoxische Spritzmittel, die bei herkömmlichem Bio (z.B. Spinosad) erlaubt sind, untersagt. Greifen Sie also zu nachhaltig hergestellten Lebensmitteln.

Was Sie sonst noch tun können

Um Insekten zu fördern können auch Rückzugsbereiche in Gärten geschaffen werden. Statt englischem Rasen, z.B. eine Blumenwiese. Gestatten Sie in einem Bereich „Unkräuter“, lassen Sie Ihre Kräuter blühen. Schneiden Sie Sträucher und Rasen erst nach dem Winter um Insekten Schutz in der kalten Jahreszeit zu bieten. Auch Insektenhotels können zusätzlich angebracht werden. Und schalten Sie alle unnötigen Lichtquellen aus.

Der Möglichkeiten gibt es viele. Lassen Sie uns auf die freundlichen Krabbeltierchen Acht geben, mögen sie wieder so häufig werden, wie damals, als Charles Darwin sich mit der Beagle auf den Weg machte, die Welt zu erkunden.

The noise from the insects is so loud, that it may be heard even in a vessel anchored several hundred yards from the shore…” – “Der Lärm der Insekten ist so laut, dass er von einem Schiff, das 100 m von der Küste entfernt vor Anker liegt, hörbar ist.”

Charles Darwin, The Voyage of the Beagle

 


Cover eines Buches mit toter BieneBuchtipp:

Maja Lunde: Die Geschichte der Bienen

Ein packender Roman zwischen der Geschichte der Menschen und der Geschichte der Bienen.

 

Quellen: Insektensterben: Machen Bienen und Käfer sich weltweit davon? Auf DW.com Bidau, Claudio J. „Doomsday for insects? The alarming decline of insect populations around the world.“ Journal of Insect Biodiversity 6.3 (2018): 1-5. Bienensterben auf Europäischer Tier- und Naturschutz e.V.

Freundlich lächelnde Frau mit dunklem langen HaarÜber die Autorin

Dr. Isabell Riedl ist seit 2012 als Nachhaltigkeitsbeauftragte und in der Kommunikation der Werner Lampert GmbH tätig. Sie studierte Ökologie mit Schwerpunkt Natur- und Landschaftsschutz und Tropenökologie an der Universität Wien. Ihre Dissertation verfasste sie über die Bedeutung von Baumreihen in landwirtschaftlichen Gebieten für Waldvögel in Costa Rica. Zeit ihres Lebens hat sie sich insbesondere der ökologischen Nachhaltigkeit verschrieben. Sie ist Teil des Redaktionsteams des Online-Magazins „Nachhaltigkeit. Neu denken.“

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