Bauernhöfe der Zukunft
Wusstest du, dass die Land- und Forstwirtschaft theoretisch das Potential hat, alle Treibhausgasemissionen der Menschen zu binden? Dass die Landwirtschaft keine Zerstörerin, sondern Erhalterin natürlicher Ressourcen sein kann? Pflanzen haben die wunderbare Eigenschaft durch Photosynthese den Kohlenstoff (C) von CO2 in Biomasse umzuwandeln und Sauerstoff (O2) auszuatmen. Die Pflanze entzieht der Atmosphäre somit CO2, das nun nicht mehr zum Klimawandel beiträgt. Eine nachhaltige Landwirtschaft kann Klimaretterin sein und Kohlenstoff langfristig im Boden „versenken“ oder in Bäumen speichern.
Doch wie muss so eine Landwirtschaft aussehen? Eine Frage, auf die das Team LAMPERT im Zuge des „Landwirtschaft der Zukunft“ Projekts eine Antwort sucht. Begonnen wurde das Projekt gemeinsam mit HOFER/ Zurück zum Ursprung.
Am Weg in Richtung Klimaneutralität
In der ersten Projektphase machten sich zwei Prüf Nach!-Bauernhöfe auf den Weg in Richtung Klimaneutralität (=Treibhausgasneutralität), ganz ohne den Zukauf von Klimaschutzzertifikaten. Das heißt, dass alle entstehenden Emissionen direkt am Betrieb bilanziell auch wieder ausgeglichen werden. Das stellt für uns eine nachhaltige und ehrliche Lösung im Kampf gegen den Klimawandel dar. Bei Kompensationszertifikaten zeigte sich im Ausland hingegen, dass sie kaum Treibhausgase reduzieren, da die Projekte auch ohne Zertifikatsverkauf stattfinden würden. Zertifikate sind also maximal eine Zwischenlösung, langfristig müssen sich unser Lebensstil und die Prozesse verändern.
Das Projektziel ist durchaus ambitioniert, denn eingerechnet werden alle Emissionen, die am gesamten Betrieb anfallen, dazu zählen die Bewirtschaftung von Wald, Äckern und Weiden, die Tiere, das Wohnhaus, die Energieproduktion, zugekaufte Betriebsmittel und sogar Urlaub am Bauernhof.
Über die Projektzeit wurden Erfahrungen und Wissen angesammelt, die nun in der Phase 2 über Workshops und Landwirt*innen-Veranstaltungen weiteren Betrieben weitergegeben werden.
Der Ablauf
Zunächst wurden wirksame Maßnahmen zur Reduktion und Kompensation von Treibhausgasen recherchiert. Die Pilotbetriebe testeten diese, wie viele sie davon umsetzen können und welche Erfolge dadurch zu erzielen sind. Auch Misserfolge liefern wichtige Informationen.
Durch die Tätigkeiten der zwei Landwirte erhielten wir Einblicke, wie viel zusätzliche Kosten und Arbeit bei der Umstellung auf einen klimafreundlicheren Hof anfallen, und welche Hürden und Herausforderungen zu bewältigen sind.
Die Pilotbetriebe und Maßnahmen
Mathias Dörrer
· Standort: Weikertschlag (Niederösterreich, Waldviertel)
· Kulturen: Roggen, Hafer, Dinkel, Weizen, Klee, Kartoffel, Wicke, Peluschke
· Betriebsgröße: Acker: 57,61 ha / Grünland: 1,79 ha / Wald: 6,9 ha
Heribert Moser
· Standort: Mariahof (Steiermark, Murau)
· Milchwirtschaft, 27 Milchkühe
· Betriebsgröße: Landwirtschaft: 30 ha / Wald: 50 ha
Ist Zustand
· Schonung des Bodens durch 50 % ige Begrünung, Gründüngung und biologische Düngemittel aus Österreich, wie Kompost
· Anbau von Zwischenfrüchten
· Fruchtfolge mit mindestens 20 % Leguminostenanteil
· Keine chemisch-synthetischen Pestizide
(Ersparnis, weil Mineraldünger- und Pestizid-Herstellung sehr energieintensiv ist)
· 100 % österreichisches Bio-Futter (kein Futter aus Regenwaldabholzung)· Eigene Energieerzeugung (Photovoltaik, Hackschnitzelheizung)
Mögliche Reduktion der Emissionen
· Bezug Öko-Strom oder eigene Energieerzeugung wie „Hackschnitzel“ und Photovoltaik
· Kombination von Arbeitsschritten reduziert Energieverbrauch· standortangepasste Düngung und Einsatz wertvoller natürlicher Dünger wie Kompost erhalten die Ertragsfähigkeit des Bodens und reduzieren den Ausstoß von klimaschädlichem Lachgas
· Weidemanagement – Dung der Tiere gleichmäßig verteilt, Besatzdichte an Fläche anpassen -> schont Böden, weniger Lachgasemissionen
· Weidemanagement verringert Einsatz von Maschinen
· Emissionsschonende Futtermethoden, Reduktion des Methanausstoßes der Kühe
· Innovatives Gülle-Management verringert die Ausgasung von Lachgas
· Kombination von Arbeitsschritten reduziert Energieverbrauch
Mögliche Kompensation am eigenen Betrieb durch Humusaufbau und Pflanzenwachstum
· Vielfältige, lange Fruchtfolgen
· Flache und lockere Einarbeitung frischer, grüner Pflanzenmasse (Flächenrotte) mit Pflanzenfermenten fördern Bodenleben
· Einsatz von Kompost mit Pflanzenkohle
· Pflanzenvitalisierung (Komposttee/ EM)
· nachhaltige, klimaschonende Waldnutzung· Schließung von Nährstoffkreisen z.B. Herstellung von Pflanzenkohle, die über mehrere Jahrhunderte CO2 speichert
· Weidemanagement – Weideflächen regelmäßig wechseln
· Mulchen der Hutweide und Erhöhung des Leguminosenanteils
· nachhaltige, klimaschonende Waldnutzung· Schließung von Nährstoffkreisen z.B. Herstellung von Pflanzenkohle
Fleißaufgabe: Betrieb fit machen für den
Klimawandel
· Agro-Forst System: Nutzbaumreihen am Acker beschatten die Böden und schützen vor starkem Wind, sowie Austrocknung und Auswaschung bei Starkregen, gleichzeitig binden sie CO2
· Ökowald: viele Baumarten
· Hohe Biodiversität auf der Weide – resilienter
· Ökowald: viele Baumarten
Wissenschaftliche Betreuung
Das ganze Projekt wird wissenschaftlich vom Team LAMPERT und dem österreichischem Umweltbundesamt begleitet. In der ersten Projektphase stützten wir uns auf die Berechnungsmodelle von REPRO (Institut für Nachhaltige Landbewirtschaftung) im Gemüse-Bereich und FarmLife (HBLFA Raumberg-Gumpenstein) im Milch-Bereich. Gespeist wurden die Modelle einerseits durch Erhebungen der Landwirte selbst, z.B. Anzahl der Fahrten mit dem Traktor, Energieverbrauch, Düngerausbringung, Größe des Betriebs, Anzahl Tiere etc., andererseits mit tatsächlichen Messungen vom Team LAMPERT wie z.B. Humusgehalt im Boden.
Zur Überprüfung und Verifizierung der Ergebnisse gab es einen Review Prozess vom österreichischen Umweltbundesamt.
Fortführung Projekt
Die erste Projektphase in Kooperation mit HOFER/Zurück zum Ursprung begann im Herbst 2020 und endete im Herbst 2022. Die zweite Phase begann im Mai 2023 gemeinsam mit dem österreichischen Umweltbundesamt und soll 2 Jahre dauern. Dabei wird auf weitere 70 Pilotbetriebe ausgeweitet. Denn langfristig ist es unsere Vision, dass alle Prüf Nach!-Bauernhöfe klimaneutral bilanzieren und sogar zur CO2-Senke werden.
Die Prüf Nach!-Bäuerinnen und Bauern als Klimaretter*innen.