Wissenschaft,
werde endlich kreativ!

Gemaltes Bild in orange, Frau in Denkerpose und Gehirn grafisch sichtbar
@ chenspec auf Pixabay

Vielfalt ist lebenswichtig. Mit ihrem Erhalt und Schutz beschäftigen sich Wissenschaft, Kunst und Medien nicht nur innerhalb ihres eigenen Fachbereichs – sondern auch zunehmend miteinander. Diese Entwicklung birgt Chancen für ein neues Zeitalter der Vielfalt, das alte Grenzen aufbricht.

Begegnung hat eine neue Bedeutung bekommen. Während die voranschreitende Globalisierung uns wirtschaftlich, politisch und kulturell immer stärker zu verflechten schien, scheint die Pandemie uns zu trennen. Doch der Schein trügt. Wir mussten uns körperlich voneinander distanzieren und sind uns in vielen Bereichen doch näher gekommen. Neue Verknüpfungen von Wissenschaft, Gesellschaft und Kunst schaffen Chancen für nachhaltige Inspiration und mehr Vielfalt.

Noch nie so nah

Noch nie standen sich Wissenschaft und Gesellschaft so nahe wie in Zeiten der Pandemie. Das hat tragische Gründe und bringt gleichzeitig einmalige Chancen für eine bessere Zukunft mit sich. Prof. Ulrike Felt, Wissenschaftsforscherin an der Universität Wien, bezeichnet diese Zeit voll neuartiger Veränderungen und Erwartungen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft als „große Lektion“. Wie Prof. Felt in ihrem Interview, ergreifen jetzt zahlreiche Wissenschaftler*innen die Chance, über seriöse wissenschaftliche Arbeit und Quellen aufzuklären. Dabei gehen sie oft neue Wege.

Wissenschaft liefert Fakten und Wissenschaftskommunikation klärt darüber auf. Die Chemikerin und Journalistin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim ist durch ihre vielfach ausgezeichneten YouTube-Videos bekannt geworden, die diese Fakten auf den Punkt bringen. In einem Interview mit dem STANDARD spricht sie auch von einer „Infodemie“ und meint damit: „Fake-News verbreiten sich ähnlich wie Viren“. In Ihrem YouTube-Kanal „Mai Lab“ klärt sie nicht nur Fragen zur Pandemie, sondern geht auch kritischen, unterhaltsamen und trendigen Themen wie der Wirksamkeit von Yoga auf den Grund. Ihre Videos sind selten über zwanzig Minuten lang, wissenschaftlich fundiert recherchiert und kurzweilig. So erreicht sie Millionen von Menschen und inspiriert unzählige. Bleibt die Frage: ist dieses Infotainment auch nachhaltig?

Ökotainment

Mit Infotainment ist die unterhaltsame Vermittlung von Informationen gemeint. Der Begriff wurde bereits 1985 vom Medienkritiker Neil Postman geprägt, der die zunehmend emotionale und reißerische Aufbereitung von Informationen im Fernsehen kritisch hinterfragte. Zu dieser Zeit ahnte kaum jemand, welcher Wandel unserer Kommunikation bevorstand. Durch das Aufkommen von Smartphones und sozialen Medien wie Facebook um 2007 kommunizieren wir öfter und schneller als je zuvor. Wer sich nicht gerade eine digitale Auszeit gönnt, spricht stärker auf Bilder an, als auf Text.

Die emotionale Macht von Bildern zeichnet auch den Erfolg von Instagram, YouTube und TikTok aus. Diese Medien dienen längst nicht mehr nur der oberflächlichen Unterhaltung, die Postman in den 80ern kritisierte. Was Marketing-Profis schon lange für sich nutzen, wird auch für die Kommunikation der Nachhaltigkeit immer wichtiger. Ökotainment nennen sich emotionale Botschaften, die nachhaltigen Konsum vermitteln oder thematisieren. Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt – das schafft auch grenzenlose Chancen.

Ozeanplastik getanzt

Ozeane, Sonnenstrahlen und Plastik. Diesem Zusammenspiel hat sich die Biologin Julienne Fanon in ihrer Doktorarbeit gewidmet – und in eine berührende Choreographie umgesetzt. Im diesjährigen Wettbewerb „Dance your PhD“ (engl.: „Tanz deine Doktorarbeit“) wurden ihr und vier weitere Kunstprojekte von Wissenschaftler*innen aus anderen Kategorien ausgezeichnet. Im Fach Sozialwissenschaften siegte der Beitrag von Magdalena Dorner-Pau von der Universität Graz. Sie erforschte, wie performativer Unterricht die Ausdrucksfähigkeit von Kindern beeinflusst.

Dieser Wandel in der Wissenschaftskommunikation schafft Chancen für die gesamte Gesellschaft. Die wachsende Vielfalt genutzter Medien macht nicht nur Wissenschaft zugänglicher für ein breites Publikum, sie inspiriert auch neue Perspektiven und starke Partnerschaften. Um die globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, müssen wir nicht nur die Biodiversität in der Landschaft, sondern auch vielfältigere Sichtweisen in der Gesellschaft fördern. Der aktuelle Wandel ist vielversprechend.

Kreativ produktiv

Kreativität und Produktivität sind im Grunde das Gleiche. Diese Ansicht von Hermann Erlach, dem Leiter für Digitale Transformation bei Microsoft, teilen immer mehr Unternehmen. Sie setzen gezielt auf die Förderung von Vielfalt, Inklusion und Gleichstellung. Was aus unternehmerischer Sicht profitabel ist, ist aus gesellschaftlicher Sicht nachhaltiger. Wir brauchen vielfältigere Perspektiven, um Lösungen für internationale Herausforderungen wie dem Artensterben und der Klimaerwärmung zu entwickeln. Auch das hat uns die Pandemie gelehrt.

Ein neues Zeitalter der Vielfalt ist angebrochen. Während fehlende Vielfalt in der Wissenschaft und der Frauenmangel in Wirtschaft, Politik und Medien immer sichtbarer werden, lassen uns zahlreiche Entwicklungen jetzt schon positiv in die Zukunft blicken. In Österreich gewinnen Wissenschaftler*innen mit kunstvoll umgesetzter Forschung, sowie Museen und Bibliotheken mit dem Österreichischen Umweltzeichen mehr als eine Auszeichnung. Sie bauen Brücken, die starke Partnerschaften auf vielfältigen Ebenen ermöglichen und damit Meilensteine für die Nachhaltigkeit setzen. Diese neue Vielfalt in unserer Kommunikation schafft grenzenlose Chancen für Begegnungen, die uns heraus aus den Krisen und hinein in eine nachhaltigere Zukunft führen können.


Portrait einer freundlich lächelnden blondierten jungen FrauÜber die Autorin

Dr. Bea Maas ist Expertin für Naturschutz und Nachhaltigkeit. Als Ökologin erforscht und entwickelt sie Management-Maßnahmen für bedrohte Artenvielfalt und nachhaltige Landwirtschaft. Als Journalistin kommuniziert sie diese Inhalte einem breiten Publikum. Sie ist als Pressesprecherin des Vereins der Naturschutzhunde tätig, sowie als Editorin und Dozentin an der Universität Wien (www.beamaas.com).

Ein Kommentar

  1. Ja Jornalist*innen und Wissenschaftler*innen können zusammen viel bewirken wenn Sie nicht von profitorientierten Unternehmen ‚eingekauft“werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert