Menschenrechte und der Zugang zu guter Arbeit und Gütern wie Wohnraum, Energie, Mobilität, Bildung und Gesundheit gehören zu einem guten Leben. Es wird oft verletzt. Da ist die Handy- oder Textilfirma, die Menschenrechte missachtet. Da ist der Biohändler, der sein Personal schlecht bezahlt; und der „burn out“-Mitarbeiter neben der „bore out“-Kollegin. Da ist die gut ausgestattete Privatklinik neben dem überlasteten öffentlichen Krankenhaus…
2011 hat der UN-Menschenrechtsrat Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet. Denn global tätige Unternehmen genießen Zugang zu Märkten und Ressourcen, ohne dass etwa die Rechte der Fischerinnen und Fischer vor Ort ausreichend geschützt sind. Staaten sind nun völkerrechtlich verpflichtet, Menschenrechtsverstöße durch transnational tätige Unternehmen zu verhindern und zu ahnden. Doch Regierungen müssen diese Aufgabe weit ernsthafter wahrnehmen. Auch muss es Ländern möglich sein, eigene Industrien aufzubauen, statt durch einen Welthandel mit subventionierten Waren kaputt konkurriert zu werden.
Verteilung von Arbeit und Einkommen
Ein gutes Leben für alle braucht Verteilung. Viele Menschen würden gern weniger arbeiten, statt dauerhaft Überstunden zu machen, während andere mehr arbeiten möchten. Letzteres betrifft vor allem Frauen. Das hat unter anderem die Soziologie-Professorin Jutta Allmendinger festgestellt. Sie kommt zu dem Schluss: „32 Stunden sind genug“. Ein Lohnausgleich bei Arbeitszeitverkürzung kann finanziert werden, indem die steigende Produktivität der Arbeit an die Löhne weitergereicht wird. Hier liegt ein großer Verteilungsspielraum.
Der Wettbewerb um möglichst niedrige Löhne und Steuern wie in der EU hat zu einer Erosion von Löhnen und Staatseinnahmen geführt. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse und öffentliche Armut sind die Folge. Löhne und Steuern müssen international koordiniert werden, zum Beispiel durch Mindestlöhne. Mit Spannung können wir auch auf die Schweiz schauen. Dort ist im Herbst eine Volksabstimmung über die 1:12-Initiative geplant: Demnach darf das bestbezahlte Personal im Unternehmen nicht mehr als das 12-fache der am niedrigsten bezahlten Beschäftigten verdienen. So wird verhindert, dass ein Mehrverdienst der einen zu Lasten der anderen erfolgt.
Öffentliches Sparen trifft vor allem Arme
Den Preis für öffentliche Spar- und Privatisierungspolitik zahlen vor allem ärmere Menschen. Denn sie können sich teurere Privatschulen oder eine umfassende private Gesundheitsversorgung nicht leisten. Wer Armutsprobleme aufschiebt, vernachlässigt oder verschärft, lebt auf Kosten gegenwärtiger und zukünftiger Generationen.
Vielmehr kommt es darauf an, öffentliche Aufgaben sozial verträglich zu finanzieren.
- Öffentliche Schulden, etwa in Form von Eurobonds, sind unproblematisch, solange ihnen Investitionen gegenüberstehen und der Zins tragfähig ist.
- Eine weitere wichtige Säule der Finanzierung ist ein ausgewogenes Steuersystem. Zur Finanzierung außerordentlicher Kosten wie durch die Finanzkrise sollten zudem einmalige Abgaben wie eine Vermögensabgabe herangezogen werden.
- Gelder sinnvoll umlenken: Subventionen in umweltschädliche Industrien müssen abgebaut werden. Sie können für die Überführung von Beschäftigten in neue, umweltfreundliche Arbeitsplätze frei werden.
- Auch private Gelder können umgelenkt werden: Die Finanzspekulation muss eingedämmt und realwirtschaftlich wie sozial nützliche Anlageformen sollten gefördert werden.
- Zentralbanken sollen die Wirtschaft mit Geld versorgen, indem sie private Banken mit Geld versorgen. Das Absurde ist, dass sie keinen Einfluss darauf haben, was Banken mit dem Geld machen. Stattdessen sollten Zentralbanken gezielt zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben beitragen, etwa in Kooperation mit Förderbanken.
Ökologie sozial gestalten
Der Energie- und Ressourcenverbrauch ärmerer Haushalte ist meist relativ gering. Doch der Zugang zu energieeffizienten Geräten oder der Bahn ist häufig eine Frage des Geldbeutels. So muss die „Bahn der Zukunft“ für alle Bürgerinnen und Bürger erreichbar, sicher, attraktiv und erschwinglich sein. Dazu zählt der gute Anschluss auch dünn besiedelter ländlicher Gebiete unabhängig davon, ob dies einzelwirtschaftlich lukrativ ist.
Soziale Nachhaltigkeit ist ein Weg, der vielleicht nie zu Ende ist. Es ist daher unsere Aufgabe, uns kontinuierlich dafür einzusetzen. Dazu zählen wichtige Rahmenbedingungen wie Rechtssicherheit in Form von kollektiven Eigentumsrechten für Gemeineigentum und Demokratie. Bürgerbeteilung darf dabei nicht heißen, dass vor allem besser gestellte Menschen sich beteiligen und soziale Ungleichheit vertieft wird. Ein bewährtes Modell ist das Community Organzing, das in der Arbeiterbewegung im Chicago der 30er Jahre entstand. Kern sind professionelle Organizer, die aktiv Einzelgespräche führen und zugleich vorbildliche Lösungen – best policies – in anderen Kommunen ausfindig machen.
Über den Autor Jakob von Uexküll
Jakob von Uexküll ist Gründer des World Future Council (2007) und des Right Livelihood Award (1980), der auch als „Alternativer Nobelpreis“ bezeichnet wird. Darüber hinaus war er Mitgründer von The Other Economic Summit (Alternativer Weltwirtschaftsgipfel, TOES). Er war Mitglied des Europäischen Parlaments (1987-89) sowie des Aufsichtsrats von Greenpeace Deutschland und Berater von Transparency International. Er ist Schirmherr von Friends of the Earth International und hält weltweit Vorträge zu den Themen Umwelt, Gerechtigkeit, Wirtschaft und Frieden.