Gute Kommunikation ist das A und O in jeder Beziehung!? Ja, auch wenn es um das Vorantreiben nachhaltiger Entwicklung geht! Im Kommunizieren sind wir (noch) ziemlich schlecht, behauptet Neurowissenschaftlerin Maren Urner. Wie also die harten Fakten rund um den fatalen Zustand unseres Planeten kommunizieren, sodass sie verstanden werden und wir aktiv werden? Es bedarf eines Blicks auf den Beziehungsstatus dreier wichtiger Kommunikationsbeteiligten: Gesellschaft, Journalismus und Wissenschaft.
Beginnen wir bei der Gesellschaft – uns allen: Maren Urner fragt sich, warum wir uns gegenüber den globalen Herausforderungen, wie dem Klimawandel, so paradox verhalten: Wir wissen um die Problematik, machen aber nichts dagegen beziehungsweise genau das Gegenteil (Rekordemissionen).
Laut einer Eurobarometer Umfrage aus 2020 will die Mehrheit der Europäer*innen mehr Umwelt- und Klimaschutz. Dennoch ist der sogenannte Value-Action-Gap – die Kluft zwischen Reden und Handeln – noch ziemlich groß – sowohl bei Entscheidungstragenden als auch bei Individuen (University of Cambridge).
Nachhaltiges Handeln beginnt im Kopf. Damit wir Gewohnheitstiere das schaffen, müssen wir unser Steinzeithirn etwas austricksen. Wie das geht, erklärt Maren Urner mit einem Scan ihres Gehirns (hier geht’s zum Artikel).
Die Kluft zwischen Reden und Handeln zu verkleinern, ist Aufgabe guter Klimakommunikation – sowohl im Journalismus, in der Wissenschaftskommunikation, als auch im Privatgespräch in Familie und Freundeskreis.
Denn, ob wir über die ökologischen Krisen nur als Problem sprechen oder auch Lösungen dafür diskutieren, beeinflusst, ob wir und die Politik ins Handeln kommen oder eben nicht. Welchen Einfluss haben dabei Wissenschaft und Journalismus?
Status quo: Vertrauensverluste für Wissenschaft und Journalismus
Die Grundaufgabe des Journalismus ist, die Gesellschaft umfassend über die Weltgeschehnisse zu informieren. Medien beeinflussen,
- wie groß das Interesse von Bürger*innen an gesellschaftspolitischen Themen ist,
- inwieweit sie politische Entscheidungen nachvollziehen können und
- ob sich Menschen an gesellschaftlichen Prozessen beteiligen und sich engagieren.
Das zeigt eine breit angelegte Studie mit über 20.000 Befragten in 22 Ländern. Die Menschen schenken dem Journalismus jedoch immer weniger Vertrauen und wenden sich von ihm ab (Universität Zürich). Man spricht von Medienflucht, -verweigerung oder -vermeidung (Digital News Report 2022). Eine länderübergreifende Umfrage mit 20.000 Befragten ergab, dass nur 20 Prozent der Bevölkerung Journalist*innen als vertrauenswürdig einstufen. Mehr als 40 Prozent der Befragten vertrauen Journalist*innen nicht. Ein fatales Ergebnis, besonders in der Blütezeit von Fake News, alternativen Fakten und Co.
Die Wissenschaft ist mit Ähnlichem konfrontiert: Erkenntnisse aus der Forschung sollten die Basis politischer Entscheidungen sein und die Hauptquelle für eine gut informierte Gesellschaft darstellen.
Wir sind weit davon entfernt. Der Wissenschaftsbarometer – eine Umfrage der DACH-Region – ergab, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung der Wissenschaft kaum oder gar nicht vertraut. Weniger als die Hälfte der Menschen informieren sich über wissenschaftliche Themen. Die Zahlen machen klar, dass Wissenschaft und Medien in Sachen Kommunikation Aufholbedarf haben.
Was also tun, damit Wissenschaft und Medien besser miteinander und mit der Gesellschaft kommunizieren?
Stell dir vor, in der Zukunft wären folgende Fragen Standardfragen in Politdiskussionen: „Ist Ihre politische Maßnahme mit den nationalen Klimazielen und der Biodiversitätsstrategie vereinbar?“ oder „Wie trägt Ihre Maßnahme zu den nachhaltigen Entwicklungszielen der UNO bei?“ „Wie kam es zu diesem Missstand? Was werden Sie unternehmen, um ihn zu beheben?“ „Die Forschung kam zu folgenden Erkenntnissen. Inwiefern beachten Sie diese in Ihrem Maßnahmenplan?“
Hans Otto Pörtner, Weltklimarat-Vorstandsmitglied und Mit-Autor des sechsten IPCC-Klimaberichts, sagt, dass die Wissenschaft Alliierte braucht, die ihre Erkenntnisse in die Gesellschaft tragen. Er spricht damit Medien und soziale Medien, NGOs und Bürger*innen an (ÖAW).
Die Journalistin Ronja von Wurmb-Seibel plädiert für kritisch-konstruktive Berichterstattung, die immer auch Lösungen präsentiert. Denn so kann die Politik sich nicht mehr davor drücken, diese umzusetzen. Die herkömmlichen journalistischen „Gesetze“, die vorwiegend negative Nachrichten produzieren, führen zur Medienflucht und zum Abkapseln von den Krisen, die wir bewältigen müssen. Erste Studien zu Konstruktivem Journalismus zeigen, dass die Menschen lösungsorientierten Journalismus immer mehr schätzen und auch fordern.
Globale Krisen, wie die Klimakrise, sollten als Dimension in allen journalistischen Ressorts und Formaten mitgedacht werden. Davon ist das österreichische Netzwerk für Klimajournalismus überzeugt. Es hat gemeinsam mit Vertreter*innen der österreichischen Presse den Klimakodex erarbeitet. Ein Medium, das den Kodex in seine redaktionellen Richtlinien aufnimmt, wird die Klima- und Biodiversitätskrise in der gesamten Berichterstattung mitdenken und vermitteln. Verena Mischitz, Sprecherin des Netzwerks, erklärt, dass es journalistisches Arbeiten brauche, das näher an der Wissenschaft dran sei. Denn Journalismus sei ein wichtiger „Übersetzer“ zwischen Forschung und Gesellschaft.
Als Antwort auf die große Wissenschaftsskepsis setzt sich die Österreichische Akademie der Wissenschaften zum Ziel den Wissenstransfer aus der Forschung in die Politik, Wirtschaft und alle anderen Lebensbereiche auszubauen und Forschende dabei anzuleiten, wie sie das am besten tun.
Was ist gute Kommunikation?
Gute Kommunikation ist wissenschaftlich fundiert und lässt die Lücke zwischen Wissen und Handeln schrumpfen. Wie das gelingen kann, erklärt Klimakommunikationsexpertin Sybille Chiari, indem sie die Klimakrise kurzerhand in ein Filmdrehbuch verpackt (Mehr dazu hier.)
Auch Lukas Weymann, Wissenschaftler am Fraunhofer Institut ISI, engagiert sich für bessere Wissenschaftskommunikation, die leicht verständlich ist und Spaß macht. Die breite Bevölkerung müsse verstehen, wie Wissenschaft funktioniert und verlässliches Wissen entsteht. Denn die Wissenschaft stellt das „beste“ Wissen bereit, das wir über unsere Welt haben (Woher wissen wir das? Hier geht’s zum Gastbeitrag.).
Gehört zu guter Kommunikation auch Aktivismus?
In den eigenen Reihen wird derzeit heftig diskutiert, inwieweit Journalist*innen und Wissenschaftler*innen auch Aktivist*innen sein dürfen oder sollen, und ob dabei eine wichtige Säule ihres Berufsethos verletzt wird: Neutralität und Unvoreingenommenheit bzw. Objektivität. Verlieren sie dadurch an Glaubwürdigkeit in ihre Arbeit?
Dass sich Wissenschaftler*innen an zivilgesellschaftlichen Diskussionen beteiligen, ist jedoch nicht neu. Dass gesellschaftsrelevante Themen durch Berichterstattung zum politischen Thema werden, auch nicht. Angesichts der Grundaufgabe von Medien und der Wissenschaft, wird Aktivismus sogar immer mehr gefordert und könnte ein Mittel gegen die Vertrauensverluste sein (Mehr dazu unter Wie aktivistisch dürfen wir sein?).
Wirksame Kommunikation ist essentiell für nachhaltigen Wandel, ihr großes Potential noch lange nicht ausgeschöpft. Wissenschaft und Journalismus haben dabei eine tragende Rolle. Dieser Themenschwerpunkt lädt zum Reflektieren ein: darüber wie wir Nachrichten produzieren, konsumieren und sie verarbeiten und wie wir besser über die großen Krisen reden können. Lass dich ein auf ungewohnte Gedankengänge, die Feuer unterm Hintern entfachen, und auf Medienkonsum, der animiert statt deprimiert!
Ich habe jetzt meinen sicheren Angestellten Job gekündigt und aktiviere meinen stillgelegten Bauernhof wieder.
Ich bin dabei ihn auf Bio um zu stellen, liefere an eine Foodcoop eingekochte Konserven und seit nicht ganz einem Jahr stehe ich 1x im Monat auf dem Bauernmarkt…
Wenn man etwas ändern will, kann man nur bei sich selbst beginnen!