Resilienz. RE-SI-LI-ENZ. Dieses Wort scheint noch sperriger als das Wort Nachhaltigkeit. Doch beschäftigt man sich ein bisschen mit dem Begriff, wird klar, dass er zukünftig ein fixer Bestandteil unseres Wortschatzes werden wird. Und das nicht nur, weil er immer häufiger in Verbindung mit den Sustainable Development Goals der UN auftaucht.
Resilienz kommt, wie so oft, aus dem Lateinischen, nämlich von „resilire“ und kann mit „zurückspringen, abprallen, nicht an jemandem haften“ übersetzt werden. Das Fremdwort fand zunächst in der Psychologie Einzug, wo es Menschen beschrieb, welche die psychische Widerstandskraft und Fähigkeit aufwiesen, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen. Sehr präsent ist es auch heute noch in der Biologie, wo den Begriff maßgeblich Crawford S. Holling, ein mittlerweile bald 90-jähriger Ökologe aus Kanada, prägte. Früher beschrieb Resilienz in diesem Fachbereich Systeme, die nach Störungen zum Ausgangzustand zurückkehren konnten. „Das wurde in den letzten Jahren durch eine dynamische Interpretation, die Lernfähigkeit betont, ersetzt. Resilienz ist die Fähigkeit eines Systems (z.B. Mensch, Ökosystem) aus Krisen und Veränderungen zu lernen und nach Störungen wieder einen funktionsfähigen Zustand herzustellen“, erklärt die Professorin für Ressourcenmanagement Claudia Pahl-Wostl.
Resilienz veranschaulicht
95% der weltweit verkauften Bananen gehören einer Sorte namens Cavendish an. Genaugenommen, ist es noch absurder, sie sind nicht nur die selbe Sorte, sondern sie sind genetisch alle ident! Denn die Bananenpflanzen werden aus Ablegern gezogen und nicht durch sexuelle Vermehrung.
Bedauerlicherweise wird eben diese eine Bananenpflanze, die weltweit angebaut wird, von einem Pilz befallen. Ist eine Plantage betroffen, sind alle nahegelegenen Plantagen ebenso bedroht, denn auch dort wächst die selbe Banane. Hier handelt es sich um ein völlig gestörtes Ökosystem, wo Resilienz auf der Strecke geblieben ist.
Was wäre ein resilientes System?
Bei dem soeben genannten Beispiel wird die Lösung jedem klar. Monotonie ist das Ende, Vielfalt der Schlüssel.
Diversität ist für ein resilientes System unabdingbar um negative Einflüsse abzupuffern. Würde der Mensch viele verschiedene Bananen anbauen, könnte eine andere Bananenart oder -sorte einspringen und den Totalausfall der Ernte verhindern.
Zukunftsfähigkeit ist nur durch die Anpassungsfähigkeit und Wandlungsfähigkeit eines Systems und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen und Schocks möglich. Damit wird auch klar, dass nur resiliente Systeme nachhaltig sein können.
Angesichts der rasanten Veränderungen und des rapiden Wandels unserer Welt muss Resilienz in Verbindung mit Nachhaltigkeit diskutiert werden. Mit Resilienz können wir der Komplexität, Dynamik und Unvorhersehbarkeit der Welt begegnen.
Im Bereich der Lebensmittel bedeutet dies ein Ende der industriellen Landwirtschaft, denn sie ist extrem abhängig von externen Produktionsmitteln und Dienstleistungen und damit höchst krisenanfällig. Um die Resilienz des Systems zu verbessern, muss es genau in die entgegengesetzte Richtung, nämlich hin zu einer vielfältigen, kleinstrukturierten, ökologischen Landwirtschaft gehen.
Wie erreicht man bessere Resilienz?
Ziel muss es sein die Resilienz zu verbessern und zwar in allen Disziplinen des Lebens. Die Ethikerin Angela Kalhoff sieht die größte Kraft in Crowding-In, wie sie beim Nachhaltigkeitsforum Langenlois II erzählte: „Viele, die auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten, tun sich zusammen, es werden Allianzen geschmiedet, Synergien entwickeln sich. Der Witz an der Sache ist, jeder kann etwas anderes tun. Dann kann es eine technische Revolution sein, die Basisgruppe, der Wissenschaftler sein, das macht dieses Modell so attraktiv.“
Der deutsche Soziologe Harald Welzer studiert das Positive in der Vergangenheit um Mechanismen zu entdecken, die früher schon funktionierten. Er verweist dabei auf Boykott und andere Widerstandformen und schlägt einen internationalen Umweltgerichtshof vor.
Claudia Pahl-Wostl sieht Bedarf an mehr Aufklärung zu Handlungsoptionen in verschiedenen Lebensbereichen und einem gesamtgesellschaftlichen Dialog. Außerdem sollte uns klar werden, dass die Reduktion des Ressourcenverbrauchs durch Konsumverzicht keinesfalls eine Einschränkung sondern eine Befreiung von Zwängen darstellen kann, wie sie in einem Interview mit uns treffend beschreibt.
Warum wir Resilienz brauchen
Resilienz ist ein sperriges Fremdwort, doch der Inhalt ist für unsere Zukunftsfähigkeit von unsagbarem Wert. Der Mediziner Henning Elsner formulierte das wunderschön: „Resilienz sind die Lebenskräfte, die Gedeihkräfte, die es ermöglichen, dass das Leben sich entfaltet oder Leben weitergeht, trotz widriger Umstände.“