Biodiversität bedeutet biologische Vielfalt im vielschichtigen Sinn: es geht um die Vielfalt aller Lebensräume (wie Nadelwälder, tropische Regenwälder, Moore, Flüsse etc.), die Vielfalt der Arten (egal ob Tier, Pflanze, Pilz oder Einzeller) und die genetische Vielfalt.
Selbst in den unwirtlichsten Winkeln der elf Großlebensräume der Erde (Box unten) findet man Leben. Schließlich hatte das Leben Milliarden von Jahren Zeit kreativ zu werden.
Durch Spezialisierung, Symbiosen und andere Tricks der Evolution gibt es heute über 8 Millionen Arten. Wovon rund 1,7 Millionen dokumentiert und beschrieben wurden.
Taucht man noch eine Ebene tiefer in die Vielfalt ein – in die genetische Vielfalt – wird unsere Vorstellungskraft noch mehr gefordert.
Hier geht es um das Erbgut jedes einzelnen Individuums auf diesem Planeten. Multipliziert man allein das menschliche Genom mit ca. 23.000 Genen mit der Weltbevölkerung, hat man eine erste Ahnung, wie gigantisch die genetische Vielfalt der Erde insgesamt ist.
11 Großlebensräume der Erde
– Tropische Regenwälder
– Tropische Strauch- und Laubwälder
– Tropische Savannen
– Wüsten
– Pinyon-Wacholder-Lebensräume
– Hartlaubgehölze
– Immergrüne subtropische Laubwälder
– Temperierte Laubwälder
– Temperierte Grasländer
– Nordische Kiefernwälder
– Tundra
Warum ist Biodiversität wichtig?
Die menschliche Zivilisation braucht die Biodiversität. Die Natur schenkt uns täglich Nahrung, Energie und Rohstoffe. Insekten bestäuben mehr als 75 Prozent der Feldfrüchte weltweit (Obst, Gemüse, Kaffee, Kakao…). Intakte Ökosysteme sorgen für saubere Luft, reines Trinkwasser, gesunde Böden; sie versorgen uns mit Arzneistoffen und regulieren das Klima.
Aber intakte Natur wirkt sich auch auf unsere Psyche heilsam aus und hebt die Lebensqualität des Menschen. Die meisten dieser „Gratis-Leistungen“ der Natur lassen sich nicht durch menschliche Technologien ersetzen.
Der Schutz der Biodiversität ist daher für Millionen von Arten überlebenswichtig. Ganz besonders für unsere eigene Art. Wenn die Menschheit auf diesem Planeten eine Zukunft mit Handlungsspielraum haben möchte, braucht es dazu ein intaktes Netz des Lebens. Denn Vielfalt sichert Zukunft.
Wie steht es um die Biodiversität?
Es ist Teil der Evolution, dass immer wieder neue Arten entstehen und andere Arten aussterben. Die sogenannte „Aussterbe-Rate“ ist aber aktuell um ein Vielfaches höher, als je zuvor in der Menschheitsgeschichte. Wissenschaftler*innen kommen zum Schluss, dass wir uns am Beginn eines Massenaussterbens befinden. Es wäre das sechste Massensterben der Erdgeschichte. Bislang hat die Erde 5 Massenaussterben hinter sich, bei denen über 75 Prozent der Arten z.B. durch Vulkanausbrüche oder wie im Fall des letzten Massensterbens vor 66 Mio. Jahren durch Meteoriten-Einschlag ausstarben. Für das sechste Massensterben wäre allein der Menschen verantwortlich.
Der viel beachtete Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES 2019) gibt Einblick in die Lage der Biodiversität weltweit. Der Bericht kam zum traurigen Schluss, dass 1 Million Pflanzen- und Tierarten vom Aussterben bedroht sind. Viele könnten schon in den nächsten Jahrzehnten verschwinden.
Seit 1900 gibt es bereits um ein Fünftel weniger Landtiere. 40 Prozent der Amphibien-Arten (Frösche, Salamander…), ein Drittel der riffbildenden Korallen, und mehr als ein Drittel aller Meeressäuger (Wale, Robben…) sind vom Aussterben bedroht.
Aber auch in der Landwirtschaft ist die Vielfalt gefährdet. Seit 2016 sind 9 Prozent der alten Nutztierrassen ausgestorben, 1000 weitere sind bedroht. Global nimmt die Vielfalt an Kulturpflanzen ab und viele ihrer wilden Verwandten werden nicht ausreichend vor dem Aussterben geschützt (IPBES 2019).
Das mag nicht so schlimm klingen, da es vom Menschen gezüchtete Rassen und Sorten sind. Doch artenarme Systeme sind weniger resilient. Alte, robuste Rassen und Sorten reagieren hingegen oft weniger sensibel auf die häufiger werdenden Klimaveränderungen und Extremereignisse.
Was sind die größten Bedrohungen für die Biodiversität?
Der Bericht des Weltbiodiversitätsrats nennt als Hauptgründe für die Bedrohung der Artenvielfalt folgende:
- Änderung der Landnutzung und Meeresnutzung
Mehr als ein Drittel der Landesoberfläche und drei Viertel der Süßwasservorkommen werden für die Landwirtschaft genutzt. Stadtgebiete haben sich seit 1992 mehr als verdoppelt. Etwa 50 Prozent aller natürlichen Ökosysteme weltweit sind verschwunden.
2. Übernutzung von Ressourcen
Jährlich werden 60 Milliarden Tonnen erneuerbare und nicht erneuerbare Ressourcen weltweit verbraucht. Das ist beinahe doppelt so viel wie noch 1980.
3. Klimawandel
Seit 1980 haben sich die Treibhausgasemissionen verdoppelt. Die steigenden Temperaturen und andere negative Auswirkungen des Klimawandels gehen Hand in Hand mit dem Artensterben.
4. Verschmutzung
Die Plastikverschmutzung hat sich seit 1980 verzehnfacht. 300-400 Millionen Tonnen an Schwermetallen, Lösungsmitteln, toxischem Schlamm und anderen Industrieabfällen werden jährlich in Gewässer entlassen. Düngemittel, die in Küstenökosysteme ausgeschwemmt wurden, haben zu 400 „toten Meeresarealen“ geführt. Pestizide, wie z.B. Neonicotinoide, tragen wesentlich zum Artensterben bei.
5. Eingeschleppte Arten
Eingeschleppte Arten breiten sich explosionsartig aus und verdrängen oft heimische Arten. In Ländern, wo die Entwicklung dieser Arten dokumentiert wurde, haben sie seit 1970 um 70% zugenommen.
Quellen
- https://www.ipbes.net/news/Media-Release-Global-Assessment
- https://www.ipbes.net/sites/default/files/downloads/spm_unedited_advance_for_posting_htn.pdf
- https://www.ipbes.net/news/million-threatened-species-thirteen-questions-answers#Q1
- https://www.sueddeutsche.de/wissen/artenvielfalt-die-ernaehrung-der-welt-1.581563
- https://www.globalsafetynet.app/
Einen schönen guten Tag,
meine Kollegin schreibt eine Seminararbeit zum Thema Biodiversität und einem Maßnahmenkatalog, den Banken berücksichtigen sollten.
Was würden Sie sich seitens der Bankenwelt an konkreten Maßnahmen wünschen?
Viele Grüße,
Michaela Rohschürmann
Liebe Michaela Rohschürmann,
Manche Banken legen immer mehr ihren Fokus auf Investitionen in nachhaltige Branchen, Kreditvergabe an nachhaltige Unternehmen und ermutigen auch ihre Kund*innen nachhaltig anzulegen. Ein Beispiel wäre der True-Cost-Ansatz: Beim Berechnen der Kreditwürdigkeit werden die ökologischen und sozialen Kosten berücksichtigt, die ein Unternehmen verursacht, zB. durch Praktiken, die Biodiversitätsverlust zur Folge haben. Diese Kosten trägt derzeit die Gesellschaft oder die Natur und nicht die Verursacher*innen. Banken können hier auch Lenkungseffekte auslösen: Mehr nachhaltig und sozial agierende Unternehmen erhalten Kredite. Andere Unternehmen werden animiert nachhaltiger und sozialer zu wirtschaften. Kapital wird dadurch auch aus umweltschädlichen Branchen „abgezogen“. Mehr zum Thema bietet zum Beispiel der FairFinanceGuide: https://fairfinanceguide.org/ff-international/home/
Freundliche Grüße,
Johanna Lehner
Redakteurin des Magazins „Nachhaltigkeit. Neu denken.“
Biodiversität in der Natur ist toll, aber auf einem Acker ist es schädlich. Unkräuter, die teils selbst giftig sind, dienen als Wirtspflanzen für Krankheiten und Schädlinge.
So bewirten Nachtschattengewächse für Kartoffel schädliche Nemathoden, die eigentlich in einer unkrautfeien vierjährigen Fruchtfolge ohne Wirtspflanzen weg wären. Das heißt, er braucht dagegen keine umweltschädlichen Mittel in den Boden zu einzubringen.
Genauso ist es bei Getreide,, das ja eine Art Gras ist, da übertragen Ungräser in den Jahren der Fruchtfolge, in denen kein grasartiger Bestand angebaut wird sämtliche Pilzkrankheiten, die dann wiederum während der gesamten Wachstumsfase des folgenden Getreides mit viel Chemie unnötigerweise bekämpft werden muss.
Biodiversität führt die notwendige Fruchtfolge ad-Absurdum.
Biodiversität ist gut, aber nicht auf eonem Acker. Das ist vielen überhaupt nicht bewusst.