Müssen Produkte aus meinem Bundesland stammen, um regional zu sein? Oder gar vom Bauern aus meiner Nachbarschaft? Nein, denn auch bei uns konsumierter Serrano-Schinken aus der Provinz Granada ist ein regionales Produkt. Er wird seit vielen Jahrhunderten aus traditionellen Zutaten und mit traditionellen Herstellungsverfahren gewonnen. Und erfüllt damit ein wesentliches Kriterium für authentische Regionalität – nämlich die Produktion im Einklang mit den geographischen und kulturellen Gegebenheiten einer Region wie Klima, Böden und Traditionen. Die Kilometerdistanz zu den Konsumenten ist dabei nachrangig, auch hinsichtlich der Treibhausgasemissionen. Berechnungen mittels des Life Cycle Assessments zeigen beispielsweise, dass der CO
2-eq – Ausstoß beim Transport zu vernachlässigen ist.
Viel wichtiger ist, wie der Rohstoff gewonnen bzw. angebaut wurde.
Dass der Kauf von Lebensmitteln aus der eigenen Region per se das Klima in großem Umfang schützt, ist falsch. Denn ein kurzer Transportweg macht ebenso wie die Lagerung und Verpackung nur einen kleinen Teil der durch sie entstehenden CO2-eq -Emissionen aus. Für den ökologischen Fußabdruck eines Milchproduktes ist beispielsweise die Fütterung der Tiere viel ausschlaggebender. Denn obwohl regional gehalten, werden Kühe oft mit Soja oder proteinreichen Getreiden und Hülsenfrüchten aus dem Ausland gefüttert. Soja stammt leider sogar häufig aus Übersee, wodurch die Abholzung von Regenwald und die Freisetzung von Treibhausgasen in den Herkunftsländern gefördert werden. Rund 10 bis 15 Prozent der weltweiten Emissionen gehen auf das Konto der Tropenwald-Abholzung.
Wer liebt sie nicht – heimische Spezialitäten wie herzhaften Tiroler Speck in Österreich oder Nürnberger Lebkuchen in Deutschland, die beide durch EU-Recht geschützte geografische Angaben (g.g.A.) sind. Doch nur weil der Name es vorgibt, muss das Produkt nicht zur Gänze aus der Region stammen. So ist nicht festgeschrieben, wo die Rohstoffe für beide Produkte herkommen.
Beim Tiroler Speck müssen nicht einmal die Tiere aus dem Bundesland stammen. Woher das Futter für die Tiere kommt, ist gänzlich ungeklärt. Bei vielen sogenannten regionalen Lebensmitteln gilt es daher genau hinzusehen, mahnt der Nachhaltigkeitsexperte und Biopionier Werner Lampert:
„Mais und Soja als Futter werden oft aus der ganzen Welt angekarrt, Düngemittel kommen aus der Petroindustrie. Da sollten die Konsumenten die Regionalität sehr genau hinterfragen.“
Zahlreiche Konsumenten verbinden regionale Produkte mit Handwerk. Aber nur, weil etwas in einer bestimmten Region entsteht, ist es nicht automatisch handgemacht. Handwerk ist für Regionalität auch nicht bindend. Sehen wir uns dazu das Produkt Bergkäse an.
Für einen köstlichen Bergkäse, braucht es hochwertige Rohmilch von weidenden Kühen und viel Zeit. Früher wurde er direkt auf der Alm hergestellt, heute wird die Rohmilch in Molkereien verarbeitet und der Käse reift über Monate in großen Kühlanlagen. Passiert die Verarbeitung regional und erhalten die Kühe nur Futter der Region, ist das entstehende Produkt durchaus authentisch regional. Trotz industrieller Verarbeitung trägt das Produkt zur Erhaltung von Bergbauern und Traditionen, wie der jahrtausendealten Almwirtschaft bei.
Oft hört man, dass regional das neue Bio sei. Doch das ist nicht richtig. Denn regionale Produkte werden nicht automatisch biologisch erzeugt – also beispielsweise pestizidfrei, ohne chemisch-synthetische Spritzmittel und die Umwelt schonend.
Vielen Konsumenten fehlt die Möglichkeit, ihre Lebensmittel persönlich beim Bauern abzuholen und sich bei ihm zu informieren. Dann schaffen Bio-Siegel Abhilfe.
Innerhalb der EU sind die Basiskriterien für biologische Landwirtschaft in der EU-Öko-Verordnung festgeschrieben. Erfüllt ein Produkt diese Richtlinien, darf es das grüne EU-Bio-Logo tragen. Werner Lampert gehen diese Richtlinien nicht weit genug, weshalb er den Prüf Nach!-Standard entwickelt hat.