TTIP kennt jeder, was ist mit MERCOSUR?

Markt unter Wellblechkonstrukt mit tropischen Früchten

Jetzt, wo US-Präsident Trump beim Ausstieg aus den TTIP-Verhandlungen zurückrudert, ist es ein guter Anlass über ein weiteres Freihandelsabkommen zu sprechen. Sie können sich sicher noch allzu gut, an die Ängste vor TTIP erinnern – Chlor-Huhn, hormonverseuchtes Rindfleisch. Doch haben Sie schon von dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen Mercosur und der EU gehört?

Der Mercado Común del Sur ist ein Gemeinsamer Markt des Südens Amerikas. Mitgliederstaaten sind Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Der Binnenmarkt Mercosur ist mit einer Fläche von mehr als 12 Millionen km² größer als China, Kanada oder die USA.

Seit 1995 hat die EU ein Interregionales Rahmenabkommen mit Mercosur. Seither laufen, mit teils langen Pausen, Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen. Die letzten fanden im Dezember 2017 statt, selbstverständlich, wie vorgeschrieben, hinter verschlossenen Türen und nicht öffentlich. Alle Beteiligten hoffen auf einen baldigen Abschluss.

Bisher bestehen die Handlungsbeziehungen zwischen Mercosur und der EU darin, dass Südamerika hauptsächlich Agrarprodukte und Rohstoffe ausführt und die EU Maschinen und Chemikalien. Von einem Freihandelsabkommen erhoffen sich, wie üblich, beide Seiten große Vorteile und Gewinne.

Was hat die EU von dem geplanten Abkommen?

Der Mercosur ist der 10. wichtigste Exportmarkt für Waren der EU und derzeit verhandelt Mercosur nur mit der EU, wodurch der Wettbewerbsvorteil groß sein soll. Durch den Wegfall von Zöllen könnte die EU, Produkte wie Maschinen und Geräte um 20 % bis 25 % und Autos um 23 % bis 25 % günstiger verkaufen. Allein deshalb hat Deutschland ein großes Interesse an dem Freihandelsabkommen, denn dort stagniert der Automarkt seit einigen Jahren.

Im Gegenzug könnte die EU pflanzliche Proteine wie gentechnisch verändertes Soja, -Brasilien und Argentinien zählen mit den USA zu den führenden Anbaugebieten- die Futtermittel für die Massentierhaltung noch billiger importieren. 1 kg Hühnerfleisch kostet bereits nicht einmal mehr 4 €. Wie wertlos soll Fleisch denn noch werden?

Lassen sich billigere Produkte verhindern?

2 sich schüttelnde männliche Hände

Aktuell steht die EU mit 20 Ländern in Verhandlungen für Freihandelsabkommen. Einerseits mit den Gulf Cooperation Council- Staaten (Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emirate), andererseits mit Australien, China, Indien, Indonesien, Malaysia, Myanmar, Neuseeland, Philippinen, Thailand, USA und den Mercosur-Staaten. Mit 37 Ländern bestehen bereits Freihandelsabkommen und mit einer Vielzahl anderer wie Kanada und Japan sind die Abkommen beinahe umgesetzt.

Die Globalisierung der Märkte und somit der Landwirtschaft ist nicht mehr aufzuhalten. Aus rein wirtschaftlicher Sicht, ist es auch sinnvoll, wenn Produkte am günstigsten Standort hergestellt werden, und in Ländern, wo beispielsweise Arbeitskräfte teuer sind, das Hauptprodukt Innovation und Wissen ist. Doch wenn wir einen Blick darauf werfen, warum manche Standorte günstig sind, sind aus ethischer Sicht die Vorteile nicht zu vertreten. Die Ursache sind mangelnde Arbeitsrechte, Natur-, Tier- und Umweltschutzrichtlinien. Eine Plantage auf einer illegal gerodeten Fläche, ist in jedem Fall lukrativer, als der Anbau auf einem ordnungsgemäß gepachteten Grund. Auch Sklaven arbeiten billiger als freie Menschen mit fairen Arbeitszeiten und Gehältern.

Zu Recht befürchten Elisabeth Köstinger (Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Österreich) und Karin Kadenbach (SPÖ-Politikerin und Abgeordnete im Europäischen Parlament) durch das Abkommen einen „großer Schaden“ für die europäische Landwirtschaft. Österreichische Rinderbauern sind wegen billigem Rindfleisch aus der argentinischen Pampa besorgt. Würde das argentinische Fleisch noch ursprünglich produziert, nämlich von weidenden Rindern in dem fruchtbaren Grasland Pampa Húmeda, wäre es zumindest ein hochwertiges Produkt. Doch durch den immer größer werdenden Fleischhunger wird mittlerweile auch in Argentinien der Großteil der Rinder in riesigen Farmen gehalten und mit Kraftfutter gemästet.

Ist der Kampf sinnlos?

Freihandelsabkommen zu verhindern ist wohl fast unmöglich. Doch wir können die Verhandlungen verzögern und so der heimischen Landwirtschaft Zeit verschaffen, sich auf stabile Beine zu stellen. Für einen europäischen Bauern ist es sinnlos, mit seinem Futtermais preislich mit brasilianischen Sojafeldern in Konkurrenz zu treten. Es ist selbstredend, dass der Weg daher in Richtung Qualität, wie biologische Landwirtschaft und kleinstrukturierte Betriebe gehen muss. Wenn dann die 75 % Konsumenten, die gerne regionale Produkte kaufen, auch noch begreifen, dass zu einem authentisch regionalen Fleisch  regionale Futtermittel zählen, ist der Weg für den heimischen Futtermittelproduzenten geebnet.

Was können Sie also tun?

Lassen Sie das 4 € Huhn liegen und greifen Sie zu hochwertigen Produkten. Wenn Sie gleichzeitig Ihren Fleischkonsum reduzieren, kommt dies auch nicht teurer. Informieren Sie Ihre Umgebung über authentische Regionalität und wie viele Vorteile der Griff zu einem auf diese Weise hergestellten Lebensmittel mit sich bringt.

Tun Sie dies mit einem Lächeln, denn positiver Wandel überzeugt!


Freundlich lächelnde Frau mit dunklem langen HaarÜber die Autorin

Dr. Isabell Riedl ist seit 2012 als Nachhaltigkeitsbeauftragte und in der Kommunikation der Werner Lampert GmbH tätig. Sie studierte Ökologie mit Schwerpunkt Natur- und Landschaftsschutz und Tropenökologie an der Universität Wien. Ihre Dissertation verfasste sie über die Bedeutung von Baumreihen in landwirtschaftlichen Gebieten für Waldvögel in Costa Rica. Zeit ihres Lebens hat sie sich insbesondere der ökologischen Nachhaltigkeit verschrieben. Sie ist Teil des Redaktionsteams des Online-Magazins „Nachhaltigkeit. Neu denken.“

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